Wenn es um das Thema Hund und Futter geht, wird es meist emotional. Zum einen weil es so viele verschiedene Lager gibt.
Die einen möchten eine Ernährung, welche artgerecht ist. Andere bevorzugen eine bedarfsgerechte Fütterung. Der nächste möchte es einfach und ohne Schnick Schnack.
In der Hundeernährungsberatung kennen wir die gesamte Spannbreite von einem Extrem hin zum anderen. Aber warum ist das alles so kompliziert?
Was ist eine artgerechte Hundeernährung?
Viele werden jetzt den Gedanken haben: BARF natürlich. Ist es doch an eine Fütterung an das Beutetier des Wolfes angelehnt ist. Aber nein dass ist tatsächlich nicht die artgerechte Ernährung des Hundes.
Wir Menschen würden uns auch nicht wirklich an die Rohkosternährung der Affen orientieren. Das menschliche Genom ist zu 98% dem des Schimpansen ähnlich, so kann man davon ausgehen, dass wir uns einen gemeinsamen Vorfahren teilen.
Schimpansen sind zwar Allesfresser, aber ihre Hauptnahrung besteht aus pflanzlicher Kost. Sie jagen und fressen auch Fleisch, allerdings eben roh und dann in Maßen. Eigentlich tatsächlich die Kost, die für uns Menschen empfohlen wird. Wenige tierische Proteine und Getreide und viel Obst und Gemüse. Allerdings sind wir inzwischen recht weit davon abgekommen, weil Fleisch eben sehr günstig geworden ist, dank der Massentierhaltung.
Wenn wir nun auf unsere Hunde schauen, dann sollten wir schauen, wie sie zu Menschen kamen. Sie frassen unsere Arreste und unsere Hinterlassenschaften. Für die Menschen hatte es einen Vorteil, genauso wie für die Hunde. Durch diesen evolutionären Vorteil begann der gemeinsame Weg.
Überlegen wir einmal, wie sich die Menschen im Laufe der Zeit ernährt haben. Es wird auffallen, dass zu keiner Zeit das Fleisch so einfach zu bekommen war, wie mit Beginn der Massentierhaltung. Davor war Fleisch ein Luxusgut. Der Hund hätte nicht an der Seite des Menschen bestehen können, wenn er zur Nahrungskonkurrenz für die Menschen geworden wäre.
Dies war ein weiterer Grund, warum der Wolf zum Hund wurde und sich von dem ernährte, was der Mensch übrig lies. So wurde er nicht mehr bejagt. Der Wolf hingegen war fast ausgerottet, weil er zum Nahrungskonkurrenten wurde – und weil das Fell wertvoll war. Gerade die Nahrungskonkurrenz sehen wir auch in der heutigen Zeit in Bezug auf den Wolf wieder. Nicht nur im Zusammenhang mit Nutztieren, sondern auch wegen der Anzahl der Wildtiere, welche der Wolf reißt.
Also wäre genau betrachtet eine artgerechte Ernährung des Hundes, nicht das Beutetier, welches man irgendwie nachempfindet, sondern eher das, was wir Menschen übrighaben und das braucht nicht viel Fleisch sein. Das können Milchprodukte, Eier und pflanzliche Produkte.
Was ist denn jetzt wichtig in der Ernährung des Hundes?
In der unabhängigen Ernährungsberatung für Hunde kenne ich viele mögliche Rezepte und Fütterungen, die als artgerecht, bedarfsgerecht und gesund gelten.
Es wäre allerdings wichtig darauf zu achten, dass jeder Hund ein Individuum ist und damit nicht alles für jeden Hund passt. Gerade dieses individuelle Betrachtung aus dem Blickwinkel der Wissenschaft macht das Thema Fütterung aber nicht einfacher.
Wichtige Nährstoffe
Es gibt Nährstoffe, die sind wichtig und dürfen auf keinen Fall in der Futterration fehlen. Dazu zählen Proteine, Fette, Kohelnhydrate, Mineralien und Vitamine.
Allerdings streiten sich die Geister, wie viel der Hund von was braucht. Der Grund liegt in vielen kleinen Dingen begründet. Zum einen gibt es verschiedene Organisationen oder Personen, die Werte herausgeben. Die bekannteste ist dort wohl die National Research Council (NRC). Daneben sind noch die Federation of Pet Food Industry (FEDIAF) und die Werte von Professor Zentek sehr häufig in der Ernährungsberatung für Hunde zu finden. Daneben gibt es noch weitere Organisationen oder Personen, welche Bedarfswerte veröffentlicht haben.
Zu viele Zahlen verwirren. Gerade wenn es um die Frage nach dem Bedarf geht, sollte man sich also immer erst auf das Fütterungsmodell und die Grundlage der Werte verständigen.
Schauen wir uns einmal die Makronährstoffe unter den drei oben genannten Bedarfswerte genauer an.
Protein
Eiweiße sind eine der wichtigsten Gruppen. Der Hund benötigt diese genauso wie wir Menschen. Deren Bausteine die Aminosäuren sind an viele Vorgängen im Körper beteiligt. 10 der Aminosäuren sind essentiell und müssen mit der <Ernährung zugeführt werden.
Die Verdaulichkeit – die sogenannte biologische Wertigkeit – ist bei tierischen Produkten höher. Dies ist bei uns Menschen nicht anders. Dies liegt daran, dass die Zusammensetzung der Aminosäuren im Fleisch unserer eigenen sehr ähnlich ist. Dieses ist bei Hunden ebenfalls so.
Es bedeutet aber nicht, dass Fleisch unbedingt nötig ist. Denn auch in pflanzlicher Kost sind Proteine enthalten. In einer Kombination kann die Wertigkeit sogar noch gesteigert werden. So hätten 100g Kartoffeln mit Ei oder Kartoffeln mit Milch eine höhere biologische Wertigkeit als 100g Rindfleisch. Wir erinnern uns: Fleisch war lange Zeit ein Luxusgut und könnte es wieder werden …
Nach den NRC Werten würden zum Beispiel 95g durchwachsenes Rindfleisch ausreichen, um einen erwachsenen gesunden 10kg Hund mit Protein am Bedarf zu versorgen. Nach Zentek oder Fediaf würde der selbe Hund schon 140g benötigen.
In einer durchschnittlichen Barfration mit 80% tierischen Bestandteilen liegt die Deckung des Proteinbedarfes oft deutlich höher. Gern liegt die Deckung über 250%
Fett und Kohlenhydrate
Auch hier sind die Werte zur Orientierung sehr unterschiedlich. Bei Zentek wird hier kein Mindestbedarf angegeben. Sondern die gesamte Energiedeckung bewertet. Bei NRC und Fediaf hingegen gibt es einen Wert.
Im Grunde ist hier ein Bedarfswert allerdings irrelevant. Es spielen einige Faktoren mit herein. Zum Beispiel wie der Hund mit Fett umgeht. Hier sind die Bauchspeicheldrüse und die Leber gefragt.
Manche Hunde kommen mit mehr Fett gut zurecht, während andere eher Kohlenhydrate vertragen.
Hier spielt dann auch das Fütterungsmodell und die dahinter stehende Philosophie eine entscheidende Rolle. Im Cleanfeeding wird man deutlich mehr Kohlenhydrate finden, weil hier der Anteil an tierischen Produkten niedriger ist, als im Barf wo es ja mindestens 70% tierische Bestandteile enthalten sind.
Im Grunde sollte man hier auch auf die Fettsäuren als solches achten und deren Verhältnisse.
Vitamine und Mineralien
Hier sieht es nicht anders aus. Auch hier unterscheiden Sich die Werte des Bedarfs enorm. Wichtig sind sie alle mal, allerdings auch die Verhältnisse zu einander.
Einige sind essentiell und andere können im Stoffwechsel selbst synthetisiert werden. Dazu kommen einige nur in tierischen Produkten vor und andere sind deutlich mehr in pflanzlichen Nahrungsmitteln zu finden.
Entgegne einiger Meinungen kann man den Bedarf durchaus rein mit natürlichen Zutaten decken. Dieses ist beim Menschen schon nachgewiesen, dass ein natürlicher Verbund besser vom Körper aufgenommen werden kann. Diese biologische Verfügbarkeit wurde auf den Hund adaptiert und damit zum Beispiel beim Barf begründet, warum diese Rationen trotzt rechnerischer Defizite Bedarfsdeckend seien.
Es gibt noch mehr …
Gerade frisch zubereitete Rationen bekommen noch mehr mit, was für den Körper wertvoll ist. Zum Beispiel sekundäre Pflanzenstoffe, aber auch pharmakologische Wirkkomplexe, welche man ganz bewusst einsetzen kann.
Hier ist man bei Fertigfutter auch darauf gekommen, dass bestimmte Dinge sich gut im Futter machen. Die Konsumenten haben es durchaus auch gefordert. Nur leider schadet es mehr, als dass es nützt.
Wenn ein Futtermittel Kräuter für jedes Organsystem einsetzt, muss man sich fragen warum. Gern wird begründet, dass diese Kräuter als fasern eingesetzt werden. Dies ist daraus richtig, aber nehmen wir zum Beispiel Yucca. Yucca ist ein pflanzliches Schmerzmittel. Diese Pflanze kann bei empfindlichen Tieren aber auch Magen – Darm – Probleme verursachen. Man könnte es mit einer täglichen minimalen Dosis Asperin vergleichen, welcher Mensch tut es ohne eine medizinische Notwendigkeit?
Ein weiteres Problem ist, dass sich der Körper an die pflanzlichen Wirkstoffe gewöhnt. Dies ist ein Grund, warum in der Naturheilkunde Kräutermischungen immer nur über einen begrenzten Zeitraum eingesetzt werden und dann getauscht oder ausgesetzt werden. Bekommt der Hund nun täglich ein Futter – und das über Monate oder Jahre – eine Kräutermischung, so ist diese im Fall der Fälle nicht mehr nutzbar.
Alles so kompliziert?
Nein im Grunde ist es das nicht. Es zeigt nur, dass die Aussage …
Wozu braucht es Hundeernährungsberater, die ziehen einem doch nur das Geld aus der Tasche. Der Hund braucht einfach nur Fleisch, etwas Gemüse und Obst. Wer mehr wissen will, findet alle Informationen im Internet.
… nur teilweise stimmt.
Natürlich stimmt es auf der anderen Seite, dass man eine Wissenschaft aus der Hundefütterung machen kann.
Die Wahrheit liegt also irgendwo dazwischen. Denn es gibt noch mehr, als nur die Bedarfswerte, die für eine gesunde Hundeernährung wichtig sind.
Zum Beispiel wie groß die Futtermenge sein sollte. Beim Barf wird pauschal 2% vom Körpergewicht angegeben. Dies ist aber für einen 10kg Hund zum Beispiel durchaus etwas wenig. Dieser sollte – nur als Beispiel – mit 4% berechnet werden.
Wenn man es etwas genauer möchte, dann nimmt man die Nahrungsenergie als Maßstab. Aber auch hier – wie sollte es anders sein – gibt es mehrere Angaben, wie hoch diese beim Hund sein sollte, so dass man wieder von bis Werte hat. Die Nahrungsenergie wird im Übrigen nicht in Gramm angegeben, wir mir vor einiger Zeit ein „Kollege“ erklären wollte, sondern in kCal, mJ, kJ oder Joule.
Ebenfalls wichtig für die Gesundheit wäre der sogenannte Protein – Energie – Quotient. Dieser gibt an, wie viel der Energie, die der Körper im Umsatz benötigt aus Protein gewonnen werden muss. Hier gibt es auch verschiedene Werte. Im Grunde kann man sagen: je niedriger dieser Wert ist, desto besser.
Ja es gibt einiges zu beachten, wenn man mag
Es gibt Menschen die es wirklich genau wissen möchten. Das kann man sehr gut verstehen. Hier kann aNuCa* helfen. Es ist ein kostenpflichtiges Tool mit vielen Möglichkeiten die man in Modulen (BARF, BLS, Aminosäuren) hinzu fügen kann. Es wird ständig verbessert und angepasst. Es bieten die 3 oben genannten Anbieter von Werten. Es ist also schon sehr umfangreich. Es ist also nur etwas für jemanden, der wirklich regelmäßig rechnen möchte.
Es gibt allerdings auch kostenlose Rechner – wie den Hannes oder der Futter-Rechner.de – die man gut nutzen kann. Alternativ – mit etwas Fleiß – kann man sich eine eigene Tabelle mit entsprechenden Funktionen zusammen basteln.
Aber es geht auch einfacher. Es muss auch nicht immer ein Fertigfutter sein, denn auch dieses sind nicht immer ganz einfach zu bewerten. Im groben kann man sagen, dass ein Fertigfutter mit ernährungsphysiologischen Zusätzen dazu geeignet ist, den Hund mit allem zu versorgen, was er benötigt. Auch wenn es hierzu gegenteilige Meinungen oder Ansichten gibt.
Möchte man frisch füttern, kommt es in allererster Linie auf die Philosophie an. Mit ein bisschen Lebensmittelkunde, kann man intuitiv gute Rationen zusammenstellen. Die Seite clean feeding liefert eine schöne Sammlung an einfachen Rezepten. Hier wird meist mit Ergänzungen gearbeitet und genau diese machen die Fütterung wirklich einfach.
Natürlich kann man sich auch an den Rationsaufteilungen für eine Barfration orientieren. Wenn man diese in den Zutaten immer mal verändert und vielleicht auch einmal etwas Getreide nutzt, kann man durchaus eine Bedarfsdeckung in den sogenannten Limitgrenzen erreichen.
Die Limitgrenzen sind allerdings auch immer ein Thema, wenn es um die Bedarfsdeckung geht.
Ja was ist denn nun wirklich wichtig?
Ich – als Hundehalter und Ernährungsberater für Hunde – mag es einfach, auch wenn ich es kompliziert kann.
Für mich ist die Energiedeckung und der Protein – Energie – Quotient am wichtigsten. Der Gesundheit wegen achte ich darauf das Fett (für die Leber) und Proteine (für die Niere) am Bedarf orientiert sind. Hier bekommen wir schon mit den meisten Fertigfuttermitteln ein Problem.
Passt das mit dem Protein, ist gern die Energie zu niedrig. Passt es von der Energiedeckung sind Proteine und Fett meist deutlich zu hoch. Vom Protein – Energie – Quotienten sprechen wir jetzt mal nicht.
Bei frischen Rationen kann ich dieses anpassen. Ebenso mit einer Mischfütterung ala ABAM.
Wirklich wichtig ist: wie geht es meinem Hund?
Ist das Gewicht stabile oder nimmt er zu oder ab? Wie schaut er aus? Wie bewegt er sich? Wie ist sein Verhalten? Wie sind die Hinterlassenschaften?
Man kann zwar in den regelmäßigen Blutbildern jetzt nicht unbedingt einen Mangel oder Überschuss sehen, aber wir können dort dennoch einen Trend erkennen.
Wir erinnern uns: Hunde haben sich viele viele Jahre nur von dem Abfall der Menschen ernährt. Sie sind Opportunisten und sie passen sich dem Nahrungsangebot an. Wenn wir nun selbst intuitiv und Abwechslungsreich essen, warum dann nicht auch unsere Hunde.
Noch ein Wort zum Rechnen
Ich rechne gerne und auch viel. Ich schaue mir Hundefutter an, Mischfütterungen oder auch komplett selbst erstellte Rationen. Je nach dem was gewünscht ist, passe ich diese Fütterungen entsprechend an.
Allerdings wird man von mir in der Beratung eher keinen Napfpläne bekommen, in denen die genauen Bestandteile aufgeführt sind – es sei denn man besteht darauf. Bei mir gibt es „Durchschnittsrezepte“ und dazu eine Woche als Beispiel, die bedarfsdeckend ist, und eine Liste mit geneigteren Lebensmittel. Dieses gestalte ich individuell für jeden Hund.
Häufig ist es so, dass die Menschen verunsichert sind. Auf der einen Seite das Extrem von nur Fleisch, Gemüse und Co und auf der anderen Seite das Extrem, dass jede Ration und jeder Tag bedarfsdeckend sein muss.
Wenn man nun aber bedenkt, dass die Bedarfswerte Empfehlungen sind, die sich auch je nach Empfehlungsgeber verändern. Dazu können wir nur mit Durchschnittswerten rechnen. Selbst wenn wir 100% rechnen, können wir nicht sagen, dass es am Ende richtig ist.
Nun könnte man an der Stelle denken, dass ich deswegen Rechnungen ablehne – wurde mir ja sogar schon vorgehalten – das ist falsch. Ich weiß nur dass ich Durchschnittswerte mit Durchschnittsempfehlungen vergleiche. Ich kann so keine Garantie für eine individuelle Über- oder Unterversorgung geben.
Hundeernährung ist kein Hexenwerk, auch wenn man eine Wissenschaft daraus machen kann. Die Wissenschaft kann man aber auch nicht ganz aus der Fütterung verbannen und sollten wir auch nicht, denn wir füttern Hunde und keine Wölfe. Auch die Mathematik, Physik, Chemie und Biologie sollten wir immer im Hinterkopf haben.
Rechnen ja – je höher das Sicherheitsbedürfnisse, desto mehr – Intuition ja und der Blick auf den Hund definitiv.
Hundefütterung kann einfach sein, wenn man sich nicht verrückt macht und immer daran denkt, wir Menschen rechnen – im Normalfall auch nicht jedes Rezept auf seine Nährwerte und vergleichen sie mit dem empfohlenen Bedarf. So lange wir uns ausgewogen und abwechslungsreich ernähren, merken wir es und selbst bei den Kindern machen wir diese Rechnungen nicht auf – obwohl wir es könnten und ja als Ernährungsberater für Menschen habe ich das spaßeshalber auch schon mal gemacht ….
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